Die Ethik der Mensch-Pflanzen-Interaktion

Neue Theorien des richtigen Umgangs mit pflanzlichem Leben

Eine Möglichkeit der Kategorisierung jüngerer Arbeit in der Pflanzenethik stützt sich auf vier Konzepte, die eine zentrale Rolle in der zeitgenössischen Debatte gespielt haben und weiterhin spielen, nämlich Würde, Gedeihen, Integrität und Natürlichkeit.


Würde

Seit 1992 enthält die Schweizer Verfassung bekannterweise einen Artikel, der die Würde der Kreatur inklusive der der Pflanze schützt. Der Gesetzgebungsprozess, der das ermöglichte, hat auch eine Welle ethischer Theoriebildung zum Konzept der Würde verursacht.


Hier ist eine Broschüre der ECNH - einer Ethikkommission, die mit der Aufgabe betraut wurde, die Idee der Pflanzenwürde, wie sie von der Schweizer Verfassung geschützt wird, auszubuchstabieren:

Drei weitere ethische Dikussionen, die direkt mit der Schweizer Gesetzgebung zu tun haben, können hier gefunden werden:

  • Balzer, Philipp, Klaus Peter Rippe, und Peter Schaber. 1997. "Was heißt Würde der Kreatur?" In Schriftenreihe Umwelt Nr. 294, hg. vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL). Bern.
  • Brom, Frans W.A. 2000. "The Good Life of Creatures with Dignity. Some Comments on the Swiss Expert Opinion." Journal of Agricultural and Environmental Ethics 13 (1): 53–63.
  • Arz de Falco, Andrea und Denis Müller. 2001. Wert und Würde von "niederen" Tieren und Pflanzen: Ethische Überlegungen zum Verfassungsprinzip "Würde der Kreatur". Freiburg: Universitätsverlag Freiburg Schweiz.

Monographien zum Konzept der Würde verdanken wir Heike Baranzke, die einen kantianischen Zugang wählt, und Sabine Odparlik, die Pflanzenwürde mit Blick auf das Theme der grünen Gentechnik erforscht:

  • Baranzke, Heike. 2002. Würde der Kreatur? Die Idee der Würde im Horizont der Bioethik. Würzburg: Königshausen & Neumann.
  • Odparlik, Sabine. 2010. Die Würde Der Pflanze: Ein sinnvolles ethisches Prinzip im Kontext der Grünen Gentechnik? Freiburg/Münschen: Karl Alber.

Eine Reihe weiterer Stellungnahmen zum Konzept der Würde von verschiedenen Autorinenn und Autoren finden Sie in diesen beiden Sammelbänden:

  • Odparlik, Sabine, Peter Kunzmann, hg. 2007. Eine Würde für alle Lebewesen? München: UTZ.
  • Odparlik, Sabine, Peter Kunzmann, Nikolaus Knoepffler, hg. 2008. Wie die Würde gedeiht. Pflanzen in der Bioethik. München: UTZ.

Das gute Leben

Mit so prominenten Vertreterinnen und Vertretern wie Aristoteles hat die Idee eines guten Leben eine zentrale Rolle im ethischen Denken gespielt. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde es von Paul Taylor und seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern verwendet, um für ihre biozentrischen Ansätze zu argumentieren, denen zufolge alle Lebewesen qua ihrer Lebendigkeit direkte moralische Berücksichtigung verdienen.


Robin Attfield wendet diese biozentrische Strategie auf Bäume an und setzt sie damit in einen pflanzenethischen Kontext:

  • Attfield, Robin. 1981. "The Good of Trees." Journal of Value Inquiry 15 (1): 35-54.

Unter dem neuen und zum Teil empirischen Namen "Gedeihen" liegt die Idee eines guten Lebens auch im Zentrum von Angela Kallhoffs Beiträgen zum Forschungsfeld:

  • Kallhoff, Angela. 2002. Prinzipien der Pflanzenethik: die Bewertung pflanzlichen Lebens in Biologie und Philosophie. New York, NY: Campus Verlag.
  • Kallhoff, Angela. 2014. "Plants in ethics: why flourishing deserves moral respect." Environmental values 23: 685-700.

Integrität

Das Konzept der Integrität wird manchmal sehr ähnlich verwendet wie Würde und Gedeihen. Bueren and Struik (2005, 489) scheinen Integrität und Würde sogar als annähernde Wechselbegriffe zu verstehen. Dennoch haben sich Argumente von der Integrität der Pflanze als fähig erwiesen, neue Perspektiven zu eröffnen, die einen ziemlichen Einfluss auf Themen von öffentlichem Interesse auswirken können.


Eine Stellungnahme zur biologischen Pflanzenzüchtung auf Grundlage der Idee der Integrität kann hier gefunden werden:

  • Bueren, Edith T. Lammerts van, und Paul C. Struik. 2005. "Integrity and Rights of Plants: Ethical Notions in Organic Plant Breeding and Propagation." Journal of Agricultural and Environmental Ethics 18 (5): 479–493.

Natürlichkeit

Die Strategie, normative Forderungen aus dem abzuleiten, was für natürlich gehalten wird, ist in den vergangenen Jahrzehnten auf berechtigte Kritik gestoßen. Dennoch spielt die Methode weiterhin eine wichtige Rolle in öffentlichen Diskursen über pflanzenbezogene Themen wie beispielsweise die grüne Gentechnik.


Dieser Artikel untersucht populäre Argumente von der Natürlichkeit und erklärt, warum man ihnen Gehör schenken sollte:

  • Myskja, Bjørn K. 2006. "The Moral Difference between Intragenic and Transgenic Modification of Plants." Journal of Agricultural and Environmental Ethics 19 (3): 225–238.